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PEOPLE |
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PORTRAIT |
Ein noch
strahlenderes Lachen als sonst nach dem ersten Soloflug auf der Alouette
III
Immer einen
Schritt zurück
Heute
erzählt sie von Überlebenswochen und Fliegertrainings mit einer
Selbstverständlichkeit, mit der andere Frauen in ihrem Alter von
Telefonstress im Büro oder Problemen mit einem zu strengen Chef berichten.
Im Gegensatz zu ihren Alterskolleginnen ging Pascale Schneider an ihre
physischen und psychischen Grenzen. Und an die gesetzlichen. Nach der
PC-7-Ausbildung standen die männlichen Rekruten vor der Wahl Jet- oder
Helikopterausbildung. Pascale Schneider hatte keine Wahl. Ihr stand nur der Weg
zur Helikopterausbildung offen. Gemäss einer Bundesverordnung, die besagt,
dass Frauen nur zur Selbstverteidigung eine Waffe auf sich tragen dürfen.
Ein Kampfjet ist eine Waffe und wird als solche eingesetzt.
Erst 1996 liess der Bundesrat Frauen auf Schulungsjets zu, mit der Bedingung,
dass sie Mitglied des Überwachungsgeschwaders sind. Diese Chance packte
Pascale Schneider. Sie wollte ohnehin Fluglehrerin im UeG werden, und
Jetfliegen wollte sie auch. Dass sie mit dem nachfolgenden Ausbildungsjahrgang
noch einmal die Pilotenschule, diesmal auf dem Hawk, absolvieren musste, nahm
sie in Kauf.
Mit der Ausbildung zur Fluglehrerin auf dem Hawk ist sie an die zur Zeit
endgültige gesetzliche Grenze gestossen. Mehr als das Fliegen des
Schulungsjets Hawk liegt für sie nicht drin. «Ich würde gerne
Tiger fliegen», sagt sie, «aber selbst dann wäre ich wieder
einen Schritt hinter den Männern zurück.» Dürfte sie den
Tiger fliegen, wäre der Luftkampf für sie verboten. «Ich glaube
allerdings nicht, dass ich zur Ausbildung auf den Tiger die Energie noch
hätte», meint sie nachdenklich. Noch einmal OS, noch einmal der ganze
Medienrummel, den sie als erste Jetpilotin erlebt hatte.
So ist sie in ihrer Laufbahn an dem Punkt angekommen, an dem es kein
Vorwärtskommen mehr gibt. Sie ist der Zielflugstaffel 12 zugeteilt und
gehört doch nicht dazu. «Ich bin weder Fisch noch Vogel», nennt
sie es. Könnte sie die Ausbildung noch einmal beginnen, würde sie
beim Helikopter bleiben. Dort wäre sie auf derselben Stufe wie alle
andern. Nur wüsste sie nicht, wie es sich anfühlt, einen Jet zu
fliegen
Auf den Helikopter zurückzukehren hat sie sich zwar überlegt, aber:
«Es gäbe ein Gschwätz», befürchtet sie.
Und das mag sie nicht: «Mir ist wichtig, was andere Leute von mir
denken.» Noch wichtiger ist ihr, «dass ich glücklich und
zufrieden bin in dem, was ich tue». Ohne diese Zufriedenheit könne
sie nicht leben - nach Zufriedenheit sucht sie momentan. «Ich könnte
mir vorstellen, beruflich etwas ganz anderes zu machen und als Hobby vielleicht
Bücker zu fliegen», spinnt sie Fäden in die Zivilwelt
zurück. «Oder Familie zu haben und teilzeitlich für die
Luftwaffe zu fliegen.»
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Geschafft:
eine Überlebenswoche im Napfgebiet forderte viel |
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Familie.
Pascale Schneider führt mit ihrem Freund Daniel Siegenthaler - Mitglied
der Patrouille Suisse - eine nicht ganz «normale» Beziehung. Ihre
Einsatzpläne bringen lange Trennungen mit sich, die gemeinsame Wohnung
wird häufig nur von einem der beiden bewohnt. Ein bisschen mehr
Normalität wünscht sie sich: Nach Hause kommen, gemeinsam kochen, den
Abend gemeinsam verbringen.
Pascale
Schneider hat versucht, in der Armee eine Lanze für die Frauen zu brechen.
Kleine Dinge, an die keiner gedacht hatte, änderte sie. Am ganz grossen
Ding konnte sie nicht rütteln: «Das UeG ist noch immer eine
Männerwelt», sagt sie. Sie hat erlebt, dass Männer, wenn sie
unter ihresgleich sind, nicht immer mit sehr feinen Worten über Frauen
reden. Sie hat auch erkannt, dass eben doch ein Unterschied zwischen
Männern und Frauen besteht: Den meisten Männern sei das Fliegen das
Wichtigste und das Zusammensein mit den Kollegen. Pascale Schneiders Anspruch
auf Zeit für sich allein passt nicht in diese Welt.
Persönlich |
Laufbahn
Am 4. Dezember 1974 in Zürich geboren, wächst Pascale
Schneider in Dübendorf und danach Freienstein auf. Den Berufswunsch
Kindergärtnerin oder Lehrerin begräbt sie, weil sie nicht länger
zur Schule gehen will. Im Oktober 1994 tritt sie in die Piloten-Rekrutenschule
ein. Ausbildung auf PC-7, später Helikopterpilotenschule auf Aloutte III,
nochmals Pilotenschule auf Hawk. Im Oktober 1996 tritt Schneider ins
Überwachungsgeschwader ein. 1998 erster Einsatz als Fluglehrerin auf dem
dem PC-7 und dem Hawk. 1999 Fluglehrer-Kurs Hawk-Simular, Kurs B/IFR. Ende
dieses Jahres schliesst sie die Berufsmilitärschule ab. |
Familie
Sie wächst mit ihrem vier Jahre jüngeren Bruder in intakter
Familie auf. Die Fliegerei war bis zu ihrem Eintritt in die FVS kein Thema in
der Familie. Pascales Entscheid wurde akzeptiert, aber «vor allem der
Vater hatte am Anfang etwas Angst, weil es etwas war, was er nicht
kannte». Der Bruder fand es in der RS «cool», dass seine
Schwester Leutnant ist. Selber könnte sie sich vorstellen, einmal Familie
zu haben, fühle sich im Moment jedoch noch nicht reif genug
dafür. |
Freizeit
In ihrer Freizeit sucht sie den Ausgleich zur technischen
Militärwelt; sie liest sehr gerne («Durchaus auch einmal eine
Frauenzeitschrift»), trifft Kollegen und Kolleginnen, interessiert sich
für ganz andere, eher feinstoffliche Dinge wie Fussreflexzonenmassage. Sie
joggt, fährt Velo und macht Krafttraining, um sich auch geistig fitter zu
fühlen. |
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