GESCHICHTE
TELLAIR
Eine Fluggesellschaft für sieben Monate
von Werner Soltermann, 21. Mai 1999
 

Pech mit dem englischen Partner
Verträge für fünf Millionen Franken
Zu wenig Geld für Flugzeugkauf
Nach wenigen
Monaten am Boden
Zeittabelle
 
Der flüsternde Riese In Zürich-Kloten rollt die G-ARKB, die zweite Britannia, auch flüsternder Riese genannt, zum Start
 
«Sie flog nur einen Sommer lang», hiess es in der Presse, nachdem die Tellair im Herbst 1969 ihren Betrieb nach kurzer Zeit wieder einstellen musste.
Fotos: Sammlung FW

 
Knapp ein halbes Jahr nach dem spektakulären Konkurs der in Basel ansässigen Charterfluggesellschaft Globe Air wurde am 18. März 1968 in Bern die neu gegründete Tellair ins Handelsregister eingetragen. Das Aktienkapital von Fr. 360000.- war zu fünfzig Prozent in Berner Besitz, das heisst in den Händen des Kantons, der Kantonalbank, der Einwohnergemeinde Interlaken und des Verkehrsvereins Interlaken. Ferner waren Berner Oberländer Bahnunternehmen und ein Berner Reise- und Transportunternehmen beteiligt. Mit einem Sechstel partizipierten der Kanton Wallis, die Municipalité de Sion und der Walliser Verkehrsverband, während das verbliebene Drittel bei British Eagle International Airline lag, welche auch den Direktor, Captain John Mickie, stellte und zusätzlich mit ihrem Berater Thomas Keane im Verwaltungsrat vertreten war.
 
Pech mit dem englischen Partner
Hauptziel der Tellair war, den durch den Konkurs der Globe Air entstandenen Ausfall des Charterkettenverkehrs zwischen England und Interlaken zu kompensieren und Touristenflüge ab Interlaken nach Destinationen in Skandinavien und Deutschland durchzuführen. Geplant war auch eine zweimal wöchentlich geflogene Verbindung zwischen Bern-Belpmoos und London. Starten wollte man im Frühjahr 1969. Noch bevor allerdings der Betrieb aufgenommen werden konnte, musste die Partnergesellschaft British Eagle anfangs November 1968 den Betrieb einstellen und ihren Bankrott erklären. Trotzdem blieb man in Bern optimistisch und begann mit der Suche von Direktionsmitgliedern, Flugzeugbesatzungen und Mechanikern. Letztere wurden benötigt, weil man in Bern und Basel-Mulhouse einen eigenen technischen Dienst aufbauen wollte. Zudem ging die Suche nach Geldgebern weiter, waren doch bis Ende 1968 statt den erwarteten drei bis fünf Millionen Franken immer noch erst die sFr. 360000.- aus der Gründungsversammlung einbezahlt. Ende 1969 konnte mit Caledonian Airways ein Ersatzpartner auf der operationellen Seite gefunden werden. Zwei Flugzeuge wurden beschafft, eine Convair 340 und eine Bristol Britannia 324.
 
Verträge für fünf Millionen Franken
Während die Convair 340 ausländische Touristen nach Bern, Interlaken und Sion fliegen sollte, plante man den Einsatz der Britannia auf Flügen mit ferienhungrigen Schweizern ab den Flughäfen Basel/Mulhouse, Genf und Zürich. Mit verschiedenen in- und ausländischen Reiseveranstaltern konnten noch vor der Betriebsaufnahme Verträge im Wert von über fünf Millionen Schweizerfranken abgeschlossen werden, so beispielsweise für Flüge ab Zürich und Basel-Mulhouse nach Djerba, Faro, Funchal, Istanbul, Las Palmas, Mombasa, Palma, Rhodos, Tanger und Tunis. Als erste Maschine traf die von Lufthansa erworbenen Convair 340 am 11. März 1969 in Basel/Mulhouse ein, während eine aus Liquidationsbeständen der British Eagle stammende Bristol Britannia 324 nach einer Grundüberholung bei Airline Engineering Ltd. in Luton am 26. März auf dem Basler Flughafen ankam, gefolgt von einer zweiten Britannia am 2. Mai 1969. Beide Flugzeuge blieben aus finanziellen und betrieblichen Gründen in Grossbritannien immatrikuliert und wurden mit Caledonian Airways-Cockpitbesatzungen betrieben. Optimistisch führte man auch Gespräche mit British Aircraft Corporation und Fokker über den Kauf einiger BAC 1-11 respektive Fokker F. 28 Fellowship, welche ab Sommer 1971 eingesetzt werden sollten.

 

 
     
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